Russische Automobilbaukunst in vollendeter Form
Der GAZ Wolga M-21 ist 1956 der erste Wagen mit dem Namen Wolga und die kleinere Schwester der Regierungs-Karosse des GAZ Tschaika (zu Deutsch: Möve). Er löst den GAZ M-20 Pobeda (zu Deutsch: Sieg) ab und wird bis 1968 produziert. Vom Vorgänger werden einige Baugruppen übernommen.
Der Werdegang dieses Wolga M21/Typ 2:
Im Juni 1960 erblickt er im GAZ-Werk, dem Gorkowski Automobilni Zawod (deutsch: Automobil Werk Gorki) im zentralrussischen Nischni Nowgorod, das Licht der Welt. Seit 1932 hieß die Stadt nach dem proletarischen Schriftsteller Maxim Gorki „Gorki“, 1990 wurde sie wieder zu Nischni Nowgorod.
Überstellt wird der hier präsentierte Wolga M21 1960 an das Ministerium für Staatssicherheit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Nach etlichen Jahren im Staatsdienst der DDR erwirbt ein Sägewerk-Besitzer aus Bautzen (Sachsen, DDR) das Fahrzeug 1984 und behandelt es gut. Nach der Wende wird es von einem russischen Doktor aus Sovietsk (Deutsch: Tilsit) aus Liebhaberei und Jugendtraum gekauft und Jahre in Russland und Litauen gefahren, bevor der Wolga dann irgendwann von einem älteren Lehrerehepaar aus Svetlogorsk (deutsch: Rauschen an der Kurischen Nehrung bei Königsberg) übernommen wird. (Keine Dokumentation vorhanden)
Russische Händler brauchen für ihre westeuropäischen Fahrzeugimporte nach der Wende harte Währung für den Einkauf ihrer Fahrzeuge in Westeuropa und machen, was möglich ist, zu Dollar und D-Mark. Ein Bauunternehmer und Sammler von Ost-Fahrzeugen in Schwerin interessiert sich für das angebotene Ex-Behördenfahrzeug in unverbasteltem Originalzustand und der Wolga kommt zurück ins nunmehr vereinte Deutschland.
Wir kaufen den Wolga April 2012 dann direkt aus Schwerin, von wo er dann auf eigenen Rädern bis nach Hamburg und weiter nach Boren fährt.
Von Hamburg wird er mit dem Autoanhänger zu einer dringenden Motorrevision nach Bitterfeld gebracht.
Von Januar 2013 – September 2014 folgt eine aufwändige Aufarbeitung mit vielen aus der Ukraine importierten Teilen, die man an dem ursprünglich schlichten Behördenfahrzeug einst eingespart hatte.
Das in Westeuropa exotische Ergebnis kann sich heute wieder sehen lassen. Der Hirsch auf der Motorhaube ist das Wappentier der Stadt Nischni Nowgorod (deutsch: „Untere Neustadt“). Unser exotisches Fotomodell ist ein Typ 2, was an der wegrationalisierten seitlichen Chromleiste und dem fein geschlitzten Kühlergrill zu erkennen ist.
Erstmals präsentiert wurde der Wagen 1955. Zunächst gab es einige technisch voneinander abweichende Vorserien (M-21G, M-21B, M-21A, M-21W), ehe 1957 eine einheitliche Serienfertigung begann. Das Fahrzeug wurde ursprünglich als Pkw der Mittelklasse bezeichnet, ist nach gegenwärtiger Einteilung jedoch eher der Oberen Mittelklasse zuzurechnen. Die Pontonkarosserie des M-21 unterschied sich deutlich von der Buckelform des Pobeda und folgte damaligen Gestaltungstrends. Anlehnungen an den schnelllebigen amerikanischen Stil sind unverkennbar. Schon zu Beginn der 1960er war der M-21 optisch nicht mehr zeitgemäß, lediglich die Frontpartie wurde etwas überarbeitet.