WasserfälleJambo Afrika: Wir riechen den Busch!

Afrika, der nach Asien zweitgrößte Erdteil, misst von Norden nach Süden 8000 km, von Osten nach Westen 7600km, umfasst mit 30,3 Mio. qkm. etwa 20% der Landfläche der Erde und mit 760 Mio. Einwohnern knapp 13% der Erdbevölkerung. Afrika ist ein Teil des alten Gondwanalands, zu dem auch das östliche Südamerika, Arabien, Vorderindien und Australien gehören (Kontinentalverschiebung).

Mal wieder den Äquator kreuzen (Link zu meiner Äquatorurkunde der SAA)

Familarisations-Gruppenreise in die Republik Südafrika

Im September 1989 geht es mit SAL, Suid Afrikaanse Lugdiens/South African Airways via Sal, Ilha do Sal, Kapverden  nach Johannesburg. Nur die Boeing 747 SP als gekürzte Version des bewährten amerikanischen Langstrecken Jumbo-Jets B747 schafft es Non-Stop, ist aber  für das Passagieraufkommen unseres Fluges zu klein. Also ist eine Zwischenlandung und Betankung notwendig. Die Kapverdischen Inseln sind zu dieser Zeit ebenfalls  Militärstützpunkt der Sowjetischen Atlantikflotte. Eine wichtige Einnahmequelle für den ansonsten kargen Inselstaat. Unsere Südafrikanische Staats-Fluglinie erhält in keinem schwarz-afrikanischen Land des Kontinents eine Lande- bzw. Tank- oder Überfluggenehmigung. Der Grund ist die  südafrikanische Apartheid-Politik von 1948 bis 1994.
Unsere Reiseziele in der Republik von Süd-Afrika sind Johannesburg, Pretoria und Durban, außerdem die Wild-Reservate Krüger-Park, Sabi-Sabi und Hluhluwe. Es geht um die „Big Five“, die vor die Kamera sollen, (Büffel, Elefant, Leopard, Löwe, Nashorn). Erfolgreich werden ca. 40 Diafilme belichtet.

Mit Land-Rover und Zelten durch Namibia, Simbabwe und Botsuana

November 1989: 6 Personen, 1 Land-Rover und 4 Zelte. Route: Johannesburg, Rustenburg, Augrabies, Kalahari Gemsbok Park,  Sesriem, Sossusvlei, Walvis Bay, Swakopmund, Windhuk, Wardap, Rehoboth, Gobabis, Ghanzi, Maun, Kasane, Chobe, Victoria  Falls, Savuti Channel, Moremi, Makgadikgadi-Pan, Gaborone & Johannesburg. Es werden ca. 60 Diafilme belichtet.

Von Walvis Bay kommend wollen wir unsere Vorräte auffüllen, bevor es zum Chobe und Moremi und ins Okavango-Gebiet gehen soll.  Am 10. November 1989 im Café-Restaurant Gathemann (geschlossen seit 2017) in WDH in der Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Independence Avenue) lese ich in der  hiesigen deutschsprachigen Allgemeinen Zeitung vom gestrigen Berliner Mauerfall, kann das nicht glauben und rufe meine liebe Annegret in HAM an, die mir die Sensation freudig bestätigt. Das ist nun auch für längere Zeit der letzte Anruf. Das Mobilfunkzeitalter beginnt ja erst noch. Hier in WDH verproviantieren wir uns für die wochenlange Fahrt mit dem Rover durch Namibia und Botsuana zurück nach JNB.

Mit dem Unimog auf Dr. Livingstones Spuren auf Zeltsafari

Im November 1991 startet unsere Zelt-Safari durch das südliche Afrika. Treffpunkt ist der Flughafen von Frankfurt am main. Annegret verfügt über einen Flugschein der SAL/SAA mit dem Status AD75, d. h. mit bestätigter Platzreservierung.  Cord und Volker haben ein Ticket der SAL/SAA, Status ID90 (Standby). So kommt es, dass Annegret beim Check-In  abgefertigt wird, wir Jungs jedoch wegen überbuchter SAL/SAA-Maschine abgewiesen werden. Es sind kurzfristig zwei  Flüge der SAL/SAA zusammengelegt worden. Da nun schnell improvisiert werden muss, weil wir getrennt fliegen werden, hat unsere Annegret das gesamte Reisepepäck bei sich, gut 90 kg. Die Herren nur ein Stück Handgepäck. Als Annegrets Boeing 747 off-block ist, ist für Freund Cord und mich guter Rat teuer.
Übermorgen startet unsere Zelt-Safari ab VFA in  Simbabwe. Da entdecken wir auf der Anzeigetafel der nächsten Abflüge den Non-Stop-Flug der Air Namibia von FRA nach  WDH in ca. einer Stunde. Am Abfertigungsschalter bitten wir um Mitnahme mit unserem SAL/SAA-Ticket ID90 Flugscheinen. Ein  freundlicher Mitarbeiter der Air Namibia am Gate zeigt Verständnis für unsere haarige Situation und händigt uns zwei Bordkarten aus. Die  Plätze hält er für uns unerlaubt frei und schiebt uns unbemerkt durch die Kontrollen. Die letzen beiden Plätze ganz  hinten in der Boeing 747 SP sind unsere. Geschafft!
Die Kurzversion der Air Namibia schafft es ohne Tankstopp bis nach  WDH und irgendwann in der Nacht überholen wir Annegrets Flieger, da ihr Groß-Jumbo nach JNB einen Tankstopp einlegen muss.  So sind wir früh am nächsten Morgen in Windhuk gelandet, sollen uns im Stadtbüro der Air Namibia melden und um Weitertransport „FOC“ (free of charge) nach JNB bitten. Das gelingt ohne Probleme und ca. 4,5 Stunden später als Annegret landen wir am Ziel  am Johannesburger Flughafen (Jan Smuts).

Eine logistische Glanzleistung mit ganz viel Glück. So erreichen wir am nächsten Tag pünktlich per Flug den  Safari-Treffpunkt in VFA, Simbabwe (ehemaliges Südrhodesien). Ca. 30 Diafilme im Gepäck. Bevor es mit dem Rover in die Wildnis Botsuanas gehen wird, wollen wir unseren Blutkreislauf mit einer gehörigen Portion Afrika-Adrenalin antörnen.

Jambo Afrika, nun wird es ernst! Wir starten unsere Land-Rover-Zelt-Safari mit dem Frühflug von JNB nach VFA, dem Ort der Hauptattraktion des  Landes, der jedoch auf den ersten Blick eher verschlafen wirkt. Doch nicht weit vom Zentrum liegen die schönsten  Hotels Simbabwes.

 

Donner, der raucht!

Und zwei Kilometer entfernt dann das Naturwunder: Unter lautem Getöse stürzt sich eine Wand von Wasser 108 Meter tief  in die enge Schlucht. Großartig! Gischt weht in dichten Schleiern nach oben zum Canyon-Rand, wo sie einen kleinen  Regenwald mit zauberhaften Farnen und Wildblumen bewässert. „Mosi oa tunya“ heißen die Fälle in der bilderhaften Sprache  der hier lebenden Kololo: Donner, der raucht. Weder Zäune noch Verkaufsstände verunstalten dieses Naturschauspiel.  Lediglich ein kleiner Pfad führt fast bis zum Rand.
Das einzige, was empfindsame Seelen angesichts der Erhabenheit der  Natur stören könnte, sind die Helikopter, die den Touristen einen „Engelsflug“ versprechen und einer nach dem anderen  durch die Luft knattern. Doch nach einer Weile gehen die Geräusche moderner Technik im gewaltigen Getöse des in die  Batoka-Schlucht stürzenden Sambesi unter.
Doch Victoria Falls hat nicht nur die berühmtesten Wasserfällen der Welt zu bieten. Es gilt als Zentrum für jene  Urlauber, die Adrenalin-Stöße lieben. Der mit 110 Metern welthöchste Bungee-Sprung von der Brücke, die Simbabwe mit  Sambia verbindet, gehört ebenso dazu, wie die gefährlichste Wildwasserfahrt der Welt auf dem Sambesi, die schon einige  Touristen mit dem Leben bezahlt haben. Trotzdem oder gerade deshalb gehört dieser Trip zu den gefragtesten  Attraktionen des Landes. Ich möchte das gern ausprobieren und überrede letztlich die mitreisenden Freunde Annegret und  Cord.

Abenteuer im Strudel

Nach einer kurzen theoretischen Einführung vor unserem Hotel geht es mit dem Bus los und kurze Zeit später rutschen  wir in die riesigen Gummi-Rafts. Ich frage unseren schwarzen Bootsführer, wie lange denn so eine Sambesi-Ausbildung  dauere und rechne mit zwei Jahren. Seine Antwort „Four weeks, Sir“, lässt uns blass werden. Das einzige, was uns noch  bleibt, ist ein Stoßgebet an Nyaminyami, den Flußgott des Sambesi, und schon geht es los.
Wie eine riesige weiße Wand baut sich die erste Stromschnelle vor uns auf, schluckt uns, spuckt Boot samt Inhalt  wieder aus. All inside! Beim nächsten Mal haben wir weniger Glück. Mit aller Kraft klammere ich mich an dem Seil fest, kämpfe gegen die reißende Strömung an. Wasser schießt in Nase und Mund. Das gekenterte Schlauchboot hängt  in einer Stromschnelle fest. Was auch passiert, immer am Raft festhalten, haben uns die Guides eingebleut. Ich  versuche mich daran zu halten, bis ich spüre, wie mir das gurgelnde und schäumende Wildwasser, trotz angewinkelter  Beine, Shorts und Unterhose wegreißt. Als beides schließlich an meinem rechten Knöchel hängt, lasse ich los.
Lieber ersaufen, als ohne Hose ins Boot zurück! Ich schieße durch die nächste Stromschnelle, schaffe es, wieder in die  Hosen zu kommen, nicht ohne ordentlich Sambesi-Wasser zu schlucken. Wenn das Sprichwort stimmt, dass jeder, der einmal  das Wasser des Sambesi getrunken hat, zurückkehren wird, müsste ich mir an seinem Ufer sofort eine romantische  Blockhütte bauen.
Als ich endlich meinen Kopf wieder aus dem Wasser strecken kann, versuche ich mich zu orientieren. Die Beine dicht  angewinkelt, um die Verletzungsgefahr durch felsigen Grund zu minimieren, düse ich rasant flussabwärts, unser Floß  weit hinter mir lassend. Aufgeregt und noch guter Laune winke ich zum Abschied und bin gespannt, wie es weiter gehen  wird. Nach einigen hundert Metern macht der reißende Fluss einen scharfen Rechtsknick und links sehe ich eine kleine  sandige Bucht. Dort steht ein Kajak-Fahrer, der eine dünne Leine mit Ledergewichtbeutel am Ende wie ein Lasso schwingt. Er  zielt auf mich und schleudert die lebenswichtige Verbindung zu mir herüber. Trefflich gezielt! Das kleine lederne  Endgewicht der Leine knallt mir donnernd vor die Stirn, ich sehe viele tausend Sterne, bin nahezu besinnungslos, schlucke wieder viel Wasser, halte gerade noch die Leine fest in den Händen und lasse natürlich nicht mehr los.

Unten ohne

Halb betäubt und geschafft werde ich aus dem tobenden Wasser gezogen und liege prustend und keuchend am rettenden  Ufer. Mir bleibt wenig Zeit zum Verschnaufen, denn die brave Restmannschaft unseres Floßes hat das Gefährt wieder  mühsam aufgerichtet, gelenzt, besetzt, steuert jetzt neugierig mein Ufer an und nimmt mich, als Ausreißer und  verlorenen Passagier, wieder auf.
Die nächste Stromschnelle ist eine Lachnummer und unsere Überlebens-Zuversicht steigt, um schlagartig an der nächsten  Flussbiegung dem blanken Entsetzen zu weichen. Hölle, Hölle, was uns jetzt  erwartet, kann und wird nicht gut gehen können! Das war’s. Aus, Ende und Goodbye! Unsere Augen suchen verzweifelnd den Blick unseres braven Oarsman. Der hat  jetzt viel zu tun, verkeilt sich selbst im Alu-Rahmen des Floßes und reißt die Riemen hoch, damit sie nicht abbrechen am gefährlich nahen Felsufer. Keine Zeit mehr zum Händchen halten. Zu spät! Mit Vollgas ab in die Hölle! Was soll’s, wir haben ja aus freiem Willen unterschrieben. Dann bäumt sich das große Gummi-Floß steil auf. Im hohen Bogen fliegen wir alle  in den Fluss. Ein kurzer lieber Gedanke an die mitfahrenden Freunde und wieder jage ich schluckend und japsend das Höllengewässer flussabwärts entlang in Richtung Flussmündung in Mosambik, rechts ab am Indischen Ozean, kurz vor  Madagaskar. Na toll, hallo Haifisch!
Ziemlich hilflos durch das Wildwasser düsend, fällt mir ein weiterer Hinweis der Boat-People ein: Wer ins Wasser  fällt, sollte auf keinen Fall Richtung Land schwimmen, da sich dort die berüchtigten Sambesi-Krokodile sonnen. Kaum  ist mir der Gedanke gekommen, schneidet mir eines der extrem wendigen Einmann-Kajaks den Weg ab. „Alles ok?“ Die meist  amerikanischen Wildwasser-Cracks begleiten die schwerfälligeren Gummi-Rafts, um bei Notfällen sofort einzugreifen und  immer mal wieder auszusteigen, um Videoaufnahmen vom Chaos zu machen, die später käuflich zu erwerben sind. Ein  feucht-fröhliches Andenken! Bei schwereren Unfällen alarmieren sie per Funk einen Rettungshubschrauber, der Minuten  später zur Stelle sein soll!
Diesmal läuft alles glimpflich ab. Lediglich der Engländer, der nicht zu unserer Mannschaft gehört, hat etwas weniger Glück. „Unten ohne“ wird der beschämte Pechvogel zurück ins Boot gehievt. Mooning heißt das auf Englisch, und der  Anblick erinnert tatsächlich an einen aufgehenden Mond. Er beschwert sich bitterlich, dass die Damen nicht wegsehen, obwohl der Kälteschock nicht mehr viel zum Hingucken übrig gelassen hat.
In der letzten Stromschnelle des Tages bäumt sich das Gummiboot noch einmal auf, steht senkrecht im Wasser und  überschlägt sich dann nach hinten. Ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist, habe das Gefühl, unendlich lange unter  Wasser zu sein. Die Hose hatte ich vorsichtshalber festgebunden, dafür verliere ich einen meiner Schuhe. Ziemlich  geschafft, jedoch stolz und glücklich sind wir am Nachmittag am Ziel bei Stromschnelle Nr. 19.
Humpelnd wanken wir den steilen Pfad aus dem Canyon nach oben. Aber ich kann eigentlich ganz froh sein, andere hat es  in den Rapids noch schlimmer erwischt. Viele hinken, einer hat gleich zwei blaue Augen, andere haben Prellungen.  Annegret ist fast ertrunken und mit blauen Flecken übersät; ja, will noch immer dem Leben abschwören! Von unserem Cord  ist nur noch wenig zu bemerken. Dafür schmeckt dann das kühle, am oberen Canyonrand gereichte und gern genommene,  einheimische Sambesi-Bier einfach göttlich. Was für ein toller Tag!

Fazit

Der Sambesi-Trip degradiert vergleichbare Unternehmungen auf dem Colorado in den USA und z. B. meinem Stromschnellen-Ritt auf dem Shotover-River (Queenstown, Südinsel Neuseeland) zu harmlosen Kaffeefahrten. Stromschnellen werden international auf einer Skala von 1 bis 6 klassifiziert. 6 gilt als nicht befahrbar. Deshalb wird das Raft bei Rapid „9″, die den treffenden Namen „Commercial Suicide“ – kommerzieller Selbstmord – trägt, aus dem Wasser gehoben und eine  Weile am felsigen Ufer von uns entlang getragen. Bei Niedrigwasser gehören alle Sambesi Rapids zur Kategorie 5+.

Wie in der Trommel einer Waschmaschine

„White Water Rafting“ bei den Viktoria-Fällen in Simbabwe lockt Wildwasser-Verrückte aus aller Welt an. Die Batoka-Schlucht liegt unterhalb der Viktoria-Fälle in Simbabwe. Wenn die wilden Wasser des Sambesi nach ihrem gigantischen Sturz von 108 Metern auf einer Breite von 1600 Metern wieder zur Ruhe gekommen sind, beginnt hier ein auf der Welt  einmaliges Abenteuerspiel mit den Naturgewalten.

Das „White Water Rafting“ auf dem Sambesi, dem mit 2700 Kilometern viertlängsten Strom in Afrika, ist ein perfekt  organisiertes Spektakel von eintägiger Dauer, das Wildwasser-Verrückte aus aller Welt in das südafrikanische Land  lockt: 1992 sind es 20.000, 1993 dürften es 30.000 werden. Das Abenteuer mit den mehr als fünf Meter langen  Schlauchbooten vollzieht sich im Mittellauf zwischen der vierten und 19. Stromschnelle nach den Wasserfällen, wenn der  Fluss sich tief in die Schlucht eingegraben hat und sich ausgeprägte Strömungen, Wirbel und Wellenwände (der  Schwierigkeitsstufen 3 bis 5 für Wildwasser-Fahrer) entwickelt haben.
Die Höchststufe 6, die mit Schlauchbooten nicht  mehr zu beherrschen ist, ist ebenfalls vorhanden: ein enger Wasserkanal zwischen schroffen Felsen, mutierend wie die  Trommel einer Waschmaschine. Er ist aus dem Programm genommen worden, das Boot wird über Land getragen. Ihn zu  befahren, ist Selbstmord fürs Geschäft („Commercial Suicide“ – so auch der Name dieser Stromschnelle); tödliche  Unfälle sind hier nicht auszuschließen.

Doch vor dem Einstieg in das Abenteuer sichert sich die „Rafting“-Company (die erfahrenste mit Sitz in der Stadt  Victoria Falls heißt „Shearwater“ per Einverständniserklärung darüber ab, dass sie im Falle einer Verletzung oder bei  Verlust des Lebens keinerlei Haftung übernimmt. In der Tat hat es bislang in der nunmehr 13jährigen Geschichte des  Sambesi „Rafting“ nur einen einzigen tödlichen Unfall gegeben; von ernsthafteren Blessuren ist etwa jeder 500. Kunde  betroffen. Seit jüngster Zeit besteht sogar Helmpflicht auf dem Sambesi.

Jedes Boot ist mit einem erfahrenen Vorruderer (Oarsman) besetzt, der mindestens 250 Stunden auf dem Fluss gefahren  oder sechs Wochen lang eingewiesen worden sein muss, – abenteuerliche, austrainierte Burschen allesamt, die sich in  dieses Geschäft gestürzt haben und aus Südafrika, Neuseeland, Australien oder Simbabwe stammen. Errol Bredenkamp aus  Kimberley in Südafrika ist der Chef der Truppe, ein Mann, der Vertrauen und Respekt einflößt und zu jeder Stromschnelle ein geradezu intimes Verhältnis hat. Er weiß genau, in welcher Ideallinie man sie anzusteuern hat, will  man sie sportlich passieren oder aus ihr herausgetragen werden. Viel Zeit nimmt er sich für die Unterweisung der – in  unserem Fall – über 50 Kandidaten aus allen Teilen der Welt.
Und der lässt keinen Zweifel, dass seine Worte  lebenswichtig sein können. Er dramatisiert im Tonfall des Understatement: „Ich sage Euch, Ihr werdet vom Wasser total  aufgelöst. Die Wellen, die über Euch zusammenschlagen, sind so hoch wie der fünf Meter hohe Baum dort drüben. Manchmal  seid Ihr mit dem Boot bis zu zehn Sekunden unter Wasser. Wenn ihr rausgeworfen werdet oder das Boot umschlägt, was  immer passieren kann, geratet nicht in Panik, macht die Augen auf, orientiert Euch, wo Ihr seid und wo sich das Boot  befindet. Vor allem aber, haltet Euch nie an den Felsen fest oder kämpft gegen die Strömung. Lasst Euch treiben und  zieht die Beine an den Körper, um Euch abzufedern. In ruhigen sandigen Buchten achtet auf die Krokodile und meidet  sie. Seid gewiss, wir holen Euch raus! Noch habt Ihr eine letzte Gelegenheit, Euch von der Gruppe zu verabschieden. Doch wenn Ihr alles überstanden habt, garantiere ich Euch, dass Ihr zu 99,9 Prozent sagen werdet, das war das Tollste,  was ich bisher erlebt habe.“
Bange Mienen begleiten den Vortrag, niemand stellt Fragen, Schweigen; jedem ist unwohl, keiner kneift. Alle hören das  Herz unter der eng spannenden Schwimmweste pochen. Doch auch die majestätische Schönheit der wilden Schlucht raubt den  Atem bisweilen, zumal wenn sich Krokodile (die heftige Strömungen meiden) am Ufer sonnen oder adlerhafte Raubvögel  (unter ihnen der äußerst seltene Taita-Falke) in der flirrenden Mittagshitze über dem warmen Wasser kreisen.
Im Normalfall ist ein Bootsüberschlag an der tückischen Stromschnelle 18 (die den Namen „Oblivion“ -Vergessen-  trägt) unvermeidlich. Hier treffen in einem Wellen- und Strudelkessel beschleunigende und bremsende Kräfte  gleichzeitig aufeinander.
Dann helfen kein Steuermanöver und kein Gewichtverlagern mehr. Das Schlauchboot schießt in ein fünf Meter tiefes  Wasserloch, steigt hoch wie ein Drachen im Wind und kippt mitsamt seiner Sieben-Personen-Besatzung nach hinten weg.  Niemanden hält es dabei mehr an Bord. Doch der routinierte Oarsman nimmt es gelassen. Er wendet das Boot in bester Surfermanier und sammelt seine Crew unter Kommandorufen wieder ein. Dem am weitesten Abgedrifteten wirft er eine  Rettungsleine zu.
Das Wasser selbst beruhigt sich schnell wieder, und, wenn man einmal drinnen liegt, kann man sich  „entspannt“ treiben lassen, bis man wieder aufgelesen wird.Doch ein Bootsüberschlag ist auch an jeder anderen Stromschnelle möglich, wenn man nicht vorbereitet ist und die  wirbelnde Kraft des Wassers unterschätzt.

Die schwerste Übung des gesamten Trips allerdings trägt sich zu guter Letzt und an Land zu, wenn man sich auf  glitschigen Stufen die Schluchtwand 250 Höhenmeter hinauf quälen muss – und einem dann ein eisgekühltes Getränk  gereicht wird.

 

Affentheater

Bei der Rückfahrt zum Hotel queren zunächst Büffel die Straße. Vor dem Fast Food-Restaurant „Wimpy“ rast ein ausgewachsenes Warzenschwein um die Ecke, mitten in Victoria Falls stoßen wir auf eine Elefantenherde,  die gerade  dabei ist, den Zaun unseres Makasa Sun-Hotels einzudrücken, um an das durch die regelmäßige Bewässerung üppig  gewachsene Grün heranzukommen. Wahrscheinlich spüren die Dickhäuter, dass das Makasa Sun eine Renovierung dringend  nötig hat. Laut krachend stürzen die akkurat geschnittenen Bäume auf den englischen Rasen. Dutzende von Touristen  sammeln sich nur wenige Meter entfernt, um das Schauspiel mit ihren Ritsch-Ratsch-Kameras einzufangen. Sie ahnen  nicht, daß sie sich in Lebensgefahr befinden. Jede Minute könnte eines der erregten Tiere angreifen. Zwei Stunden  später ziehen sich die Elefanten zurück.

Paviane, so erleben wir kurz darauf, sind noch aufdringlicher. Das Warnschild im Zimmer – „Fenster bitte immer  geschlossen halten“ – ist also ernst gemeint. Gerade als wir die Zimmertüre öffnen, zwängen sich zwei relativ große  Affen durch die nur halbgeöffnete Scheibe und stürmen wie die Irren über Bett und Schränke. Paviane gelten als recht  aggressiv. Ihre messerscharfen Zähne sind berüchtigt. Wir schließen deshalb die Zimmertür schnell von außen und lassen die  Affen noch ein wenig toben.
An der Rezeption fragt mich die nette Dame, ob ich Gelbsucht hätte. Als ich sie völlig entgeistert ansehe, entschuldigt sie sich. „Wissen Sie“, erklärt sie mir freundlich, „ein Pavian hat einem Gast die Pillenschachtel vom Nachtschrank gestohlen und in einem anderen Zimmer wieder abgelegt. Unser Hausarzt hat die Tabletten als Hepatitis-Medikament identifiziert. Jetzt frage ich alle Gäste, ob sie Gelbsucht haben, denn das Medikament wird doch gebraucht!“
Schon morgen wird es zu den freilebenden Wildtieren mit dem Unimog weitergehen ins benachbarte Botsuana. Wir freuen uns auf Maun, Okawango-Delta, Kasane, Chobe, Victoria  Falls, Savuti Channel, Moremi, Makgadikgadi-Pan und vieles mehr.
Floß- und Flussbilder: Wasserdichte Fuji-Einwegkamera, Süd-Afrika 10/1991. Beitrag von ABTS & Volker Westphal